Peter Rühmkorf

Bei Gedichtbänden weiß man ja nie, ob man sie brav von Anfang bis Ende durchlesen soll. Genauso gut ginge sicher auch von hinten nach vorne, eine Auswahl an Kapiteln oder ein reines Zufallsprinzip, wenn der Daumen beim Durchblättern des Bändchens eine Seite gerade anhält. Peter Rühmkorf ist sicher einer der großen modernen deutschen Klassiker, aber der Zeitgeist des „Roten Jahrzehnts“ (vor allem Neomarxismus und Sigmund Freud) weht zu penetrant durch die Verse, um überzeugend die noch wenigen Jahrzehnte seit der Erstveröffentlichung 1979 zu überdauern. Was in meiner eigenen Gymnasialzeit zu rebellisch, chaotisch, anarchistisch und vulgär war, um in ein bayrisches Schulbuch zu kommen, wirkt heute manchmal altmodisch. Anscheinend war ein Schreiben für die Ewigkeit auch nicht der Anspruch einer solchen Alltags- und Gebrauchslyrik mit vielen genialen Geistesblitzen, wie schon der Titel weiß. Die Qualität der Gedichte ist durchwachsen, am besten fand ich die aus Kapitel IV („Phoenix voran“) und Kapitel V (Haltbar bis Ende 1999“). Absolut lesenswert, sehr originell und viel zu wenig beachtet ist der poetologische Metatext „Einfallskunde“ am Ende des Textes, der zum Interessantesten gehört, was ich darüber je gelesen habe. Und mit Sprache kann Rühmkorf wirklich umgehen! Das beweist er auch auf diesen knapp 30 letzten Seiten in „Prosa“.

Peter Rühmkorf: Haltbar bis Ende 1999

In eigener Sache …

Nach sechs veröffentlichten Büchern, denen Anfang nächsten Jahres ein siebtes nachfolgen soll, kommt man kaum daran vorbei, sich Gedanken über den Sinn und Unsinn der bisherigen Veröffentlichungen zu machen und ein (zumindest vorläufiges) Resümee zu ziehen.

Als 2011 mein erstes Sachbuch über Bob Dylan fertiggeschrieben war, hatte ich keine Lust, mich auf das Eintüten des Manuskripts (was manche Verlage immer noch wollen) oder auf ein smartes Bulk-Mailing samt Pdf-Anhang an ausgewählte Verlage und Literaturagenturen einzulassen. Als Reaktion wäre da eh nichts anderes als das gestrenge Schweigen im Walde oder, im besten Fall, eine Handvoll höflich formulierter Standardablehnungsschreiben zu erwarten gewesen. Viel weniger beschämend und enttäuschend war da scheinbar der Gang zu einem der inzwischen zahlreichen Pseudo-Verlage, vor denen eigentlich überall gewarnt wird und die inzwischen auch in schwarzen Listen zirkulieren. Wahrscheinlich war meine Brautwahl ein bisschen vorschnell, grundsätzlich gibt es aber wenige substantielle Unterschiede beim Marktmodell. „Echte“ Schriftsteller bei „wirklichen“ Verlagen rümpfen da eh nur die Nase und sprechen von Eitelkeitsbuden. Man zahlt einen vierstelligen Betrag als „Druckkostenzuschuss“ und das Buch wird dann korrigiert, gesetzt, veröffentlicht und vertrieben. In meinem Fall hatte der Verleger sogar Interesse an Rockmusik und wollte mich als Sachbuchautor bekannt machen. Jedenfalls erklärte er sich bereit, weitere Bücher über Pop und Rock mit regulärem Verlagsvertrag und ohne Kosten für mich zu veröffentlichen. Es folgten von 2012 bis 2015 drei weitere Bücher über Leonard Cohen, Patti Smith und Rio Reiser. So weit, so gut. Eine Erfolgsgeschichte? Mitnichten und das aus verschiedenen Gründen. Beim zweiten Buch über Leonard Cohen wurden von beiden Seiten Fehler gemacht. Das Buch war von mir falsch konzipiert worden. Die Korrektorin war oberflächlich und schnallte nicht, dass Namen genannt und Persönlichkeitsrechte verletzt wurden. Es kam zur Androhung einer Unterlassungsklage. Das mit überzogenen Erwartungen publizierte Buch musste aus dem Handel genommen werden. Der Zorn züngelte aus allen Rachen. Es wurde dann noch eine Zeitlang versucht, den zerbrochenen Krug zu kitten und den Streit gütlich zu regeln, um die Zusammenarbeit zu retten, doch auch eine zweite Zahlung meinerseits als Beitrag zu den Rechtsanwaltskosten holte das Kind nicht mehr aus dem Brunnen. Der Kontakt zum Verlag brach ab. Ich bekam nie mehr Abrechnungen zu den (zugegeben wenigen) verkauften Büchern und auch keine genaueren Informationen zum Stand des Rechtsstreits. Im Gegenteil wurde mir damit gedroht, dass ich irgendwann einmal, auch nach vielen Jahren, einen Prozess in Italien zu erwarten hätte. Auweia. Da lieg ich doch längst im kühlen Grab. Vielleicht war die negative Entwicklung der Zusammenarbeit mit einem Pseudo-Verlag auch unvermeidlich. Das Korsett als Sachbuchautor für das Rockgeschichtsmuseum war mir schon lange zu eng geworden. Ich musste in den Verlagsverträgen die Rechte an meinen Büchern abtreten, was ich in Zukunft nicht mehr wollte. Ich wollte nach vier Büchern über Rockmusik etwas Anderes und Neues versuchen.

Was tun? Ich hatte einen Roman fertig und wieder einmal keinen Verleger dafür. Sollte ich meine glorreiche Karriere als Hobby-Schriftsteller beenden und mich einträglicheren Geschäften widmen? Ein Berliner Freund hatte eine Verlegerin auf einer Party kennengelernt, die sich für mein Buch interessierte. Beim Besuch in Lichtenrade stellte sich jedoch heraus, dass ich mir wieder einmal falsche Hoffnungen gemacht hatte und einem Pseudo-Verlag auf den Leim gegangen war. Wieder war von großen Auflagen die Rede, von Verlagsvertretern, die das Buch in den Buchhandlungen Berlins und Brandenburgs schnell bekannt machen würden und andere größenwahnsinnige Eitelkeitsbekundungen mehr. Diesmal war der vierstellige Betrag als „Druckkostenbeitrag“ sogar doppelt so hoch und zusammen mit dem zuvor privat angeleierten externen Lektorat in Klagenfurt, das der Roman brauchte, um ein zufriedenstellendes Niveau zu erreichen, kam ein Sümmchen zusammen, das wehtat. Was die Pseudo-Verlage an Korrektur anbieten, ist ein reines Korrektorat, das heißt, es werden bestenfalls Rechtschreibfehler korrigiert und vielleicht noch das ein oder andere Wort ersetzt, wenn es doppelt oder allzu falsch ist. Ein manchmal doch nötiges Lektorat, das intelligent und kreativ seziert und neu schreibt, findet in den Pseudo-Verlagen nicht statt. Da muss man dann selbst die richtigen Personen finden und bezahlen. Meine Hoffnung war allerdings immer noch, dass es sich um eine (heftige, aber dann doch sinnvolle) Anfangsinvestition handelte, weil dann, genauso wie beim ersten Pseudo-Verlag, ab dem zweiten Buch kostenfreie Verlagsverträge winkten. Doch Pustekuchen! Das zweite Buch beim zweiten Verlag war zwar billiger, aber weil sich am Prinzip des „Druckkostenzuschusses“ nichts Grundsätzliches geändert hatte, dann doch mein letztes dort.

Sechs Bücher also. Viel Zeit und Mühe, kein müder Euro Verdienst, zirka 12000 Euro Kosten, ein Minus-Geschäft und teures Hobby, das Prinzip Arbeit gegen Lohn auf den Kopf gestellt. Engagement für den Autor kann man sich bei den Pseudo-Verlagen keines erwarten, man wird völlig alleine gelassen mit seinen unverkauften Büchern, Lösungsvorschläge werden nicht gemacht, oftmals gibt es für Monate und sogar Jahre keine Kontaktaufnahme. Unter eine solche Art von Zusammenarbeit kann man nur noch einen Schlussstrich ziehen. Ich gehe mal davon aus, dass es auch andere Hobby-Schriftsteller gibt, die in meiner Lage sind. Doch wie machen es die hauptberuflichen Autoren. Wenn ich mir manche Webseite anschaue, ist es mir völlig schleierhaft, wie die vom Verdienst ihrer Bücher leben können, wer die Aufenthalte in den vielen Städten bezahlt, wo ständig Lesungen abgehalten werden und so weiter. Wer bekommt die Stipendien und Literaturpreise und warum? Was sind die Auswahlkriterien für die Aufnahme in das Programm eines Publikumsverlags? Weil die Profi-Autoren besser schreiben? Warum werden selbstverlegte Bücher gnadenlos gedisst und nie in den Literaturfeuilletons oder Radio- und Fernsehsendungen besprochen? Gibt es in Deutschland vielleicht so etwas wie eine Kulturlandschaft mit mafiösen Strukturen? Oder darf man so etwas einfach nicht sagen, sonst hat man auf immer und ewig verschissen? Diese und viele andere wären so meine Fragen.

Kopf hoch. Nun also ein siebtes Buch. Diesmal ein Lyrikband, was alles noch schwieriger macht. Auf die Suche nach einem Verlag werde ich mich nicht begeben, sondern das Manuskript bei Epubli als Printbook in kleiner Auflage und als E-Book in Auftrag geben. Da kostet der Misserfolg zumindest weniger und ich habe alles selbst unter Kontrolle.

 

100 Gedichte (67)

Semmeln

Als sie am Sonntagnachmittag
Die Waschmaschine öffnete
Um ihre bei fünfundneunzig Grad und mit Persil gewaschenen Slips
Die ihre hartnäckigen Flecken trotz Einweichens am Karfreitag nicht verloren hatten
Zum Trocknen aufzuhängen
Stellte sie fest
Dass in der Trommel keine Dessous
Sondern frisch gebackene Sesamsemmeln lagen
Hatte die Waschmaschine eine Zusatzfunktion zum Backen von Brot
War es der schlechte Rotweinfusel vom Aldi
Oder war sie ganz einfach durchgeknallt
Als sie sich erschreckt einen Kaffee brühte
Sickerte durch den Filter die braune Krönung
Aber in der Kanne
Hatte sich ein halber Liter
Warmes Menschenblut gesammelt
In dem Fleischstückchen schwammen
Niemand hatte sie zur Hausschlachtung eingeladen
Irgendetwas hatte sie versemmelt

© Wolfgang Haberl (2017)

 

100 Gedichte (48)

Über die Winde

Über die Winde
Seltsam
Dass man so wenig weiß

Atlantische Tiefausläufer
Machen rüber aus Frankreich
Klatschnasse Zephyrbrisen
Ermatten Körper und Geist

Richtung schöne neue Welt
Stößt mich östliche Höhenströmung
Braust der Hölllentäler rheinwärts
Lässt mich im Sommer frösteln

Vom Norden blasen mich Boraböen
In einen Haufen miefiger Socken
Polare Kaltluft dringt weiter voran
Bringt Sturm Schnee und steifen Grog
Gerade dass ich mich noch rette
Vor einer Horde tätowierter Lappen
Mit ihren luftigen Himmelsbesen
Rechen sie Wolken und Worte weg

Oh aber der Südwind
Kuschelt sich ins Badezimmer
Lieber Doktor Föhn aus den Alpen
Saust weiter nach Süden
Sehr geehrter Herr Tropischer Wirbelsturm
Zerzaust meinen Hauptsatz
Er taumelt er wackelt er purzelt
Mein Maserati Ghibli
Düst durch Ghaddafis Tripolis
Verdorren Weinblätter und Trauben
Zu Sand und Staub
Lieber Wüstenwind Ghibli
Himmlisches Kind
Schmatzi und Schnuckiputzi
Zerbröckle mein Lebkuchenherz
Du bist mein Schatzi

© Wolfgang Haberl (Zweite Hälfte 80-ger / 2017)

100 Gedichte (23)

Flüchtende Zimmer

Zerfetzte Adlerdrachen über der Kippe
Giftweizen oder neu geborenes Kind
Verstörte Suffixe bereit zum Gespräch
Unfalltod oder Sommerwind

Hühnchenknochen für die Katze zu Hause
Hässlich und mittendrin
Wo arbeitet er ist sie Sekretärin
Kluger Zug oder einfach nur Unsinn

Happy days auf der Einkaufstasche
Flussfähre oder Partymodenschau
Bubikopf oder löwenmähnig
Schweißfüße oder Morgentau

Ferien auf den Kanarischen Inseln
Selters oder Sickerwasser
Versteinerte Gesichter in Lesesälen
Kichererbsen oder sein lassen

Ein fester Tritt auf den Schaumgummiball
Feuchte Hände oder bis aufs Blut hassen
Weihnachtsbeleuchtung in den dekorierten Fenstern
Angsthase oder Menschenmassen

© Wolfgang Haberl (Zweite Hälfte 80-ger / 2017)

Romantik

Romantik

Für alle stärker an der Romantik interessierten Leserinnen und Leser wird Detlef Kremers und Andreas Kilchers Standardwerk zur Romantik fast unweigerlich zur Pflichtlektüre. Gerade die den historischen und ideologischen Kontext aufhellenden Kapitel 1-5, die das erste Drittel des Buchs füllen, geben eine Unmenge Informationen zur Zeitgeschichte, Philosophie und Terminologie der wahrscheinlich aufregendsten Zeit der deutschen Literaturgeschichte zwischen 1770 und 1830. Leider ist die Qualität des Buchs in der Folge durchwachsener, wenn die Autoren konkrete Werke besprechen. Gegen die grundsätzlich sinnvolle Aufteilung und Auswahl der wichtigsten Werke der erzählenden Prosa (Kapitel 6), des Dramas (Kapitel 7) und am Ende der romantischen Lyrik (Kapitel 8) ist wenig einzuwenden. Leider kann jedoch ein quälend akademischer Schreibduktus mit ineinander verschachtelten Nebensätzen, endlosen Wortungetümen und ständig präsenten unverständlichen Fremdwörtern aus der Mottenkiste der Bildungssprache nur mühsam darüber hinwegtäuschen, dass das laute wissenschaftliche Brimborium des Öfteren eine inhaltliche Leere übertönen muss. Es ist natürlich grundsätzlich ein Ding der Unmöglichkeit, die besten romantischen Texte in all ihrer Irrationalität, Groteske und Skurrilität unters philologische Seziermesser zu legen und sie mit diesem klassischer Objektivität, Nachprüfbarkeit und reichlich Naivität verpflichteten Chirurgenarsenal zu zerschnippeln. Nur mit einem viel kreativeren, spontaneren und, vor allem, durch und durch unwissenschaftlichen Ansatz hätte man sich da neue interessante Erkenntnisse erwarten können.

Kremer, Detlef und Kilcher Andreas: Romantik

 

100 Gedichte (22)

Falscher Schritt

Geh
Geh ganz nach vorne
Geh schon
Kopf hoch und Brust raus
Und jetzt lauf
Lauf schneller
Unter diesem pechschwarzen Himmel
Macht dein Navi schlapp
Halt
Hundeaugen blicken silbern
Menschenfratzen schmelzen ein
Geh weiter
Vorbei an Imbissständen die wie Wildkatzen zischen
An Träumen die sich wie Würmer krümmen
Wie ein Ungeborener
Geh
Graue Maus
Geh
Halloweenmonster
An den Schlangen vorbei
Geh schon

© Wolfgang Haberl (Zweite Hälfte 80-ger / 2017)

100 Gedichte (21)

Wendekreise

Schwerkraftfelder aus Hochohm
Stopfen meine Katzenpfoten in gallertige Hohlräume
Krümmen meinen fischgrätigen Rücken
Grünes Nervenampere
Wittert den Blizzard schon jetzt
Pflanzt den Volksschulzirkel in splitterndes Spanholz
Überhangen sind meine Wände
Windzerrüttet und glasig
Ohne rettende Fühlerlehre
Quellen feuchte Kristalle aus den täglichen Ritzen
Noch ist Zeit für das Heiapopeia
Noch staffle ich meine pulsierenden Beobachtungen in Richtung Südpol
Noch umzäunt Stacheldraht die kochende Todeszone
Noch streiche ich alle Winkel weiß
Doch bald werden meine Baumhäuser verbrennen
Wird sich die Haut von der schaumigen Milch absetzen
Wird eine weitere imaginäre Parallele
Mich von der Aluminiumfensterbank runterschubsen
Wird ein grell zuckender Reagenzglasblitz
Das Vieleck und den Planspielasphalt durchstoßen
Und im märkischen Sand enden

© Wolfgang Haberl (Zweite Hälfte 80-ger / 2017)

100 Gedichte (19 und 20)

Seelenkorsett

Spring ich dem semantischen Feld
Mitten ins Mammagesicht
Ällabätsch meinen Piepmatz befreien
Mach ich lieber nicht

Haben Signale nichts mehr zu sagen
Eins zwei das Mittelmaß
Warte bis die Symbole kommen
Weiß ich auch noch nicht was

Konditioniert und meine Familie
Hals- Bein- und Leistenbruch
Metaphern sterben wie die Fliegen
Überleg ich mir was ich such

Jenseits von Kaffee und Zigaretten
Fällt mir noch was ein
Ich bin so heiß wie die Hölle
Oder kalt wie Stein

Hätt ich die sieben Leben der Katzen
Würd ich dir eines schenken
Ich hab aber nur ein halbes
Und muss meinen Großmut beschränken

 

Visionskippe

Entscheidungen
Ins Blumenwasser gekippt
Ein Glück
Dass es Zimmerpalmen gibt
Wortbrüche
Ein gefundenes Fressen
Für die langhalsigen Giraffen und gierigen Brunnenkressen
Atomisiert
Ist der Verlust einmal mehr nur banal
Bestenfalls ist hier
Noch Platz für eine Bemerkung am Rand
Aus Espenkätzchen
Destilliere ich Spirsäure
Zerbrösle das chemische Glück
Auf der Fläche meiner Hand
Mache jedes Wort von euch
Scheu

© Wolfgang Haberl (Zweite Hälfte 80-ger / 2017)

100 Gedichte (16, 17 und 18)

Herbstwelt

Wenn du am Morgen dir
Auf die Spur kommst
Musst du verdammt achthaben
Dass du nicht zu weit gehst
Dass du nicht plötzlich auf ein Schild stößt
auf dem Stadtende steht
Die Erde ist eine Scheibe
Und hat Löcher
Wer weiß vielleicht
Reißt der Novemberwind
Irgendein Nest
Irgendein Kuckuckskind
Das während der Nacht
Fest an Bruder und Schwester klebte
Entzwei
Hebt es an seidenen Fäden
Hinaus aus der Zeit

 

Kopfknistern

Schlaf Schlummer schlaf ewig immer ich
Gewissenzerzaust liegt mein Kopf faul im Aus
Schlaf selig schlaf weiter wimmernd ich
Zuhaus ich hab kein Zuhaus
Döskopp im Tran schlaf bis zur Explosion
Die Schafwolle knistert schon
Schlaf brav ich weiß noch nicht was
Streckt mich dies nicht weckt mich das

Mein persönlicher Adjutant
Gibt hiermit öffentlich bekannt
Spielende hat die Eroberung der Stadt geplant
Liebe dein Auge
Vergib deinem Zahn
Spielende hat die Vernichtung der Stadt geplant
Nur ein paar Wörter noch
Bis zum Tilt

 

550 Spyder

Ich wiederhole
Schlüssel umdrehen und ab geht die Pastorale
Mein Töfftöff drei Monate TÜV
rollt die Spielzeugstadt nieder
auf dem mehrdeutigen Teer
mache ich mich labil
Schach den Blechschlawinern
In diesem verbeulten klappernden Es-War-Einmal
geht es holterdiepolter über Pi und Daumen
Nur her mit dem nächsten Unfall
Im Wolkenbruch der Unsicherheiten
Splittert das Glass der Weltschutzscheibe
Geben die Knautschzonen der Sehnsucht nach
Kommt aus den Türlautsprechern
Krachend mein Lieblingslied

© Wolfgang Haberl (Zweite Hälfte 80-ger / 2017