Charles Bukowskis 1971 erschienener Debütroman Post Office ist meiner Meinung nach einer der Schlüsseltexte nicht nur der amerikanischen, sondern der weltweiten Gegenwartsliteratur. Während aber Jack Kerouacs Helden aus On The Road Dean Moriarty und Sal Paradise längst Legendenstatus besitzen, hat es Bukowskis Ich-Erzähler Henry Chinaski schwerer. Die Geister scheiden sich zwischen begeisterten Anhängern und naserümpfenden Intellektuellen: Zuviel Whiskey, Alkoholkater, Pferderennen, schneller Sex, Machismus, Nihilismus, Hässlichkeit, Proletenkultur, sagen sie. Zuwenig literarische Substanz, sagen sie Aber Bukowskis kompromissloses Plädoyer für Originalität und Freiheit in einem unmenschlichen System bleibt unschlagbar gut und hat die Zeiten überdauert. Bukowskis Alter Ego Henry Chinaski ist ein psychologischer Archetyp und eine Karte aus dem Tarotspiel unserer spätkapitalistischen Gesellschaften: Marilyn Monroe spielt das verführerische blonde Dummchen, Patti Smith die rebellische intellektuelle Emanze, Mark Zuckerberg den erfolgreichen, dynamischen Jungunternehmer, Charles Bukowski den saufenden, rauchenden, subversiven dionysischen Satyr.
Im Original war der Roman wegen seiner vielen Slangausdrücke für mich (mit meinem wenig praktizierten Unienglisch auf B2-Niveau) nicht immer flüssig zu lesen. Vielleicht wäre es besser gewesen auf eine gute Übersetzung zurückzugreifen.