Ab und zu ist es gut, sich etwas Neues einfallen zu lassen. Ich habe mich deshalb entschlossen, in den nächsten Monaten hier alle paar Tage eines meiner Gedichte zu posten.
Die ersten davon gehen zurück auf die zweite Hälfte der achtziger Jahre im damaligen West-Berlin. Im März 1989 schrieb das Künstlerhaus Bethanien am Kreuzberger Mariannenplatz einen Gedichte-Wettbewerb aus. Eifrig stellte ich ein Manuskript mit vielen eigenen Bildern und Fotos zusammen und reichte es erwartungsvoll ein. Herausgekommen ist leider gar nichts. Zuvor, im Dezember 1988, hatte mir die Edition Vespüne/Christian Schnedler-Verlag in Schֲöneberg ein konzeptuell und inhaltlich sehr ähnliches Werk namens Stillstand und Gnade mit einem Negativvermerk zurückgeschickt. Aber beide Manuskripte haben die fast 30 Jahre überlebt.
Zwei Handvoll dieser Gedichte sind das erste Mal in meinen Büchern „Leonard Cohen: die Ohnmacht der Worte“ und „Italien!“ veröffentlicht worden.
Die Ballade von Alpha, Romeo und Omega
Ja Alpha war ein hübsches Ding
Sie lachte laut und viel
Ihr Alter stand im Reisepass
Und Männer waren ihr ZielDa war diese Bar gleich hier um die Ecke
Wohin sie fast jede Nacht ging
Sie schmollte den Mund und guckte herum
Wie die bravste InternatsschülerinSie traf dort den schönen Romeo
Und schon war es um sie passiert
Er hatte ein Goldkettchen um den Hals
Und trank sein siebtes BierHallo Alpha mein Name ist Romeo
Und mein Wagen geht zweihundertzehn
Ich lese den „Playboy“ und rauche „John Players“
Und außerdem bin ich schönIss ja supa antwortete Alpha
Du bist mein Typ von Mann
Wir treffen uns sonntags nach der Messe
Und beten den RosenkranzSo wurde Alpha Romeos Freundin
Sie waren ein hübsches Paar
Er mit seinem Latinoschnurbärtchen
Und sie mit den Schleifchen im HaarDie Moral der Ballade ist ultrabrutal
Und simpel noch dazu
Sollte ihr Schicksal mit Alpha sich kreuzen
Lassen sie sie lieber in RuhSie werden jetzt sicher fragen
Und was ist mit Omega
Offen gestanden ganz schön schwierig zu sagen
Denn das letzte Mal als ich sie sahSaß sie betrunken an der Bar
Und lallte wirres Zeug
Ich mach jetzt ein Wochenendseminar
Um zu kapieren was das alles bedeutet
© Wolfgang Haberl (Zweite Hälfte 80-iger/2017)