Es gibt manche Leute, die sagen, dass immer weniger junge Frauen (gerade in den großen Städten) Interesse an einer festen Beziehung und wahrer Liebe mit all ihren Irrungen und Wirrungen haben und anstelle derer sich mit schnellem Sex begnügen. Vielleicht sind sie nicht wirklich glücklich darüber und sehnen sich hinter der harten Schale nach den großen Gefühlen. Doch Leidenschaft und Sehnsucht, Ehrlichkeit und Zauber sind seltene Stecknadeln im unübersichtlichen Heuhaufen der Partnersuche, während der Spaß am Sex viel einfacher zu haben ist. Für die wahre Liebe hängt die Latte inzwischen weltrekordsverdächtig hoch und der ideale Mann für die Frau von heute scheint so rar wie ein bunter Hund. Was soll er nicht alles können! Er schafft so viel Geld nach Hause wie Martin Winterkorn vor dem VW-Abgasskandal und ist treuer als Fido und Bello zusammen. Zuhören kann er wie der todernste Kaplan im Beichtstuhl, aber schon gleich nach dem Aufstehen erzählt er die neuesten Blondinenwitze, um locker wie luftiger Blätterteig in den Tag zu starten. Im Bett ist er natürlich Johnny Rakete mit dem Besenstiel, aber er bringt das Töchterchen auch jeden Tag zum Kindergarten und staubsaugt zwei Mal die Woche die ganze Wohnung so sauber, dass man auf dem Fußboden essen kann. Dieser Supermann, von dem alle Frauen träumen, ist natürlich auch gleichzeitig Mitglied in mindestens fünf verschiedenen gemeinnützigen Organisationen wie Greenpeace, WWF, Peta, Amnesty International und Brot für die Welt. Dann kommt noch das K.o.-Kriterium Lebensalter. Während in früheren Zeiten zarte Milchbubis schon mit 20 drei Kinder gezeugt hatten und mit 43 silberne Hochzeit feierten, wollen heute selbst blutjunge Frauen kaum mehr Männer unter 40. An der Mathematik kommt keiner vorbei: Eine dreißigjährige Frau will endlich ein Kind. Ein dreißigjähriger Mann ist selbst noch ein Kind. Auweia. Da passt was nicht. Junge Männer sind zwar nett, aber sie haben’s einfach nicht drauf. Alle Frauen und Männer haben immer weniger Zeit für den anderen und eine Heidenangst, etwas zu versäumen. Die Freiheit für den Partner einzuschränken, geht zu weit. Da genießt man lieber das Leben und probiert möglichst viele Kerle und Mädels aus. Ans Heiraten denkt niemand. Da fühlt man sich wie in Ketten. Das ist was für später. Oder auch nie.
© Wolfgang Haberl 2017