David Wagners „Leben“ (2013) ist ein schwer einzuordnender Text irgendwo zwischen Roman, Tage- und Sachbuch. Wagner sagt das auch selbst: „Das Ich des Buches bin nicht ich“. Und fügt hinzu, dass die häufigen Selbstmordgedanken des Ich-Erzählers dem wirklichen David Wagner völlig fremd seien. Glaubhaft wirkt er dabei trotzdem nicht, denn der zutiefst autobiographische Charakter des Buchs kann nicht leicht abgestritten werden. Wagner leidet wie sein Ich-Erzähler wirklich an einer Autoimmunhepatitis, die Krankheit begleitet ihn seit seiner Kindheit. Nach dem lebensgefährlichen Platzen der Ösophagusvarizen im Jahre 2006 musste er sich tatsächlich einer Lebertransplantation unterziehen. Eine neue Leber schenkte ihm neues Leben, nachdem der Organspender gestorben war. Im Krankenhaus ist es bekanntlich todlangweilig und man hat viel Zeit zum Grübeln und Philosophieren. Der echte David Wagner hat die fünf Jahre nach der Operation überlebt, in der die meisten Transplantationspatienten sterben und hatte alle Zeit der Welt, sich autobiographische Notizen zum Leben und Sterben zu machen, die dann in sein Buch eingeflossen sind. Das Buch ist deshalb so faszinierend und gelungen, weil es das Tabuthema Tod in authentischer, persönlicher, intelligenter und auch zärtlicher Weise ohne die üblichen sentimentalen Banalitäten und tausend Mal schon gehörten Platituden angeht. Leonard Cohen hat in einem seiner Lieder gesungen: And death is old/But it’s always new.