„Bartleby, der Schreiber“ ist eine der bekanntesten Erzählungen Herman Melvilles und wurde gleich nach „Moby Dick“ 1853 veröffentlicht. Es erzählt mitten in der Blütezeit des literarischen Realismus die „unerhörte“, auffallend surrealistisch aufgebrochene Lebensgeschichte eines grotesken Abschreibers, der für einen bekannten Notar mit Kanzlei an der New Yorker Wall Street arbeitet. Die Verweigerungshaltung Bartlebys ( I WOULD PREFER NOT TO) , die am Anfang noch lediglich darin besteht, keine Zusatzarbeiten anzunehmen, weitet sich schnell immer mehr aus. Er verlegt seinen Wohnsitz ins Büro, isst kaum etwas und weigert sich am Ende, sehr zum Leidwesen seiner konsternierten Kopierkollegen, überhaupt noch irgendeine nützliche Büroarbeit zu verrichten. Barteleby endet im Gefängnis und verweigert dort die Nahrungsaufnahme bis zu seinem unvermeidlichen Tod. Das einzige was man von der Biographie dieses schrulligen Bartleby weiß, ist, dass er einmal in einem Regierungsbüro für nicht zugestellte Briefe gearbeitet hat und dort mit der Hoffnungslosigkeit und Leere der menschlichen Existenz konfrontiert war. Melvilles Novelle ist eine autobiographische Verarbeitung seines eigenen Rückzugs aus dem amerikansichen Literaturbetrieb, aber auch eine beißende Kritik am Mitte des 19. Jahrhunderts immer mehr Fahrt aufnehmenden amerikanischen Kapitalismus. Natürlich war Herman Melville ein Prophet in der Wüste, auf den niemand hörte. Wenn man damals seine Ablehnung des Kapitalismus ernster genommen hätte, hätte unser aller Umwelt vermutlich nicht die Probleme, mit denen wir uns heute herumschlagen müssen.