Joseph Conrads Heart of Darkness

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Ab und zu lese ich gern auch einen Klassiker. Da meine Kenntnisse der englischen Literatur eher lückenhaft und oberflächlich sind, habe ich diesmal in die literarische Tiefkühltruhe Großbritanniens gegriffen und mir Joseph Conrads „Heart of Darkness (1899) herausgefischt, für die weisen Herrschaften der BBC immerhin auf Platz 21 der wichtigsten englischen Romane überhaupt. Da ging ich anscheinend auf Nummer Sicher. Auch das Thema schien interessant: Der perfide psychopathische Elfenbeinhändler Kurtz (neben dem Erzähler Marlow die einzige namentlich genannte Figur des Romans) steht nicht nur für den (britischen) Horror des Kolonialismus am Ende des 19. Jahrhunderts, den Conrad als Seefahrer aus eigener Erfahrung kannte. Die Spannweite des Buchs ist noch weiter gestreckt und hat sicherlich auch religiöse und tiefenpsychologische Dimensionen. Die Philosophin Hannah Arendt sah in Conrads Buch sogar nichts weniger als einen literarischen Beweis für ihre Theorien über die Ursprünge totalitaristischer Ideen (The Origins of Totalitarism (1951)). Sie ging davon aus, dass der rassistische Carl Peters, der die Kolonie Deutsch-Ostafrika begründete und die Ideen Adolf Hitlers 50 Jahre vorwegnahm, als Vorbild für Mr. Kurtz diente. Auch die Rezeptionsgeschichte von Heart of Darkness ist imposant und hat mit weiten Wellen andere Medien erreicht. 1972 verfilmte Werner Herzog Aguirre, der Zorn Gottes und berief sich auf Conrads Buch. Auch Francis Ford Coppolas Apocalypse Now (1979) ist stark von Heart of Darkness inspiriert worden.

Doch trotz dieser sicherlich viel Interesse erzeugenden Thematik und Wirkungsgeschichte des Buchs tat ich mich mit der Lektüre schwer. Einmal liegt das an Conrads transusigem und mühsam zu lesendem Schreibstil (oder liegt es nur an Wolfgang Freisslers inzwischen allzu angestaubter Überrsetzung?), der oft ins Surreale und Poetische abkippt. Meiner Meinung nach wäre ein mehr journalistisch-realistisches Format für den Reisebericht eines Seemanns, der ziemlich eindeutig im damaligen Belgisch-Kongo zu verorten ist, passender gewesen. Was mich aber noch mehr störte, war die zweideutige Haltung Marlows (Conrads?) dem Kolonialismus selbst gegenüber. Anstelle Kurtz in Bausch und Bogen zu verurteilen, wird immer wieder auf die Möglichkeit hingewiesen, dass der skrupellose Rassist und Glücksritter die „Zivilisation“ nach Schwarz-Afrika gebracht habe. Aber hallo! Auch die schwarzen Ureinwohner, die damals nichts als Bauernopfer im Schachspiel der Kolonialmächte waren, erscheinen immer wieder zweideutig als unterentwickelte tierhafte „Neger“ und „Wilde“ mit weniger Rechten als die weißen arischen Herrenmenschen.

Joseph Conrad: Herz der Finsternis

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