Die Filme Fassbinders waren Bestandteil unseres Kinoklubs am Gymnasium. Natürlich erinnere ich mich an die genauen Titel nicht mehr, aber ich gehe mal davon aus, dass ich gerade seine frühen Schwarz-Weiß-Filme damals alle gesehen habe (Liebe ist kälter als der Tod, Katzelmacher, Warum läuft Herr R. Amok? etc.). Wenn ich jetzt, nach so langer Zeit, Michael Tötebergs knappe Biographie des deutschen Ausnahmeregisseurs lese, dann fällt mir vor allem auf, wie sehr mich Fassbinders Fragestellungen auch heute noch berühren, aber dann auch, wie unmöglich es heute wäre, sich so schonungslos direkt, so unverblümt kritisch, so brutal, so provokant, so persönlich, so extrem, so ehrlich mit ihnen auseinanderzusetzen. Eine Sache ist es, heute zu den Klassikern der Filmgeschichte zu zählen, eine andere, mit seinen Filmen den Geschmack der Preisvergabegremien zu treffen und auch das nötige Massenpublikum zu erreichen, das zu ihrer Finanzierung notwendig ist. Manchmal ist Fassbinder deswegen mit Pasolini verglichen worden. In den wilden Endsechzigern und im roten Jahrzehnt der siebziger Jahre war eine solche Anti-Kunst möglich. Heute nicht mehr. Nicht umsonst hat man dieses rote Jahrzehnt als die Geburtsjahre der deutschen Demokratie bezeichnet, als eine neue Generation mit nicht gekannter Schneid das erste Mal laut ihre Schnoddermäuler aufriss und gegen die Nazi-Elterngeneration zur Jagd blies. Die hatte 1932 oft noch Hitler als Reichskanzler gewollt. Vierzig Jahre später hatten nicht wenige ihrer Töchter und Söhne eine Riesenwut im Bauch und eine klammheimliche Sympathie für die Terroristen der RAF.
Jeder Film von ihm war ein Ereignis der EXTRAKLASSE!