Einführung in die Philosophie des deutschen Idealismus

Ich hab mir eigentlich immer eingebildet, ein Grundinteresse für philosophische Fragen zu haben und das war 1980 auch der Grund, warum ich mich für ein Philosophiestudium eingeschrieben habe. Nur, dass ich dann leider feststellen musste, dass ich überhaupt keine Begabung für eine konsequente, akademische, wissenschaftliche Beschäftigung mit der Materie zu haben schien. Woran lag’s? War ich zu dumm dafür? Oder waren die Universitätsprofessoren nicht in der Lage, diese an sich spannenden Thematiken didaktisch so aufzubereiten, dass der Funken übersprang? Ich quälte mich ein paar Semester sinn- und planlos herum mit der Monadenlehre von Leibniz und vor allem mit Kant und Hegel. Beim Vorwort zur Kritik der reinen Vernunft verstand ich nur Bahnhof. Und bei der Phänomenologie des Geistes wurde der Ingolstädter Nordbahnhof zum Berliner Hauptbahnhof. Man kann natürlich jetzt sagen, macht ja nix, wir haben eben unterschiedliche Begabungen, der eine kann gut singen, der andere tut sich in Mathematik leicht, die dritte ist eine Superfriseuse. Aber so einfach war es bei mir leider nicht. So etwa 1985 lernte ich Schopenhauer kennen, las ihn mit Begeisterung und bildetet mir tapfer ein, ihn sogar verstanden zu haben.  Philosophie konnte also durchaus interessant sein, man musste eben nur den richtigen Philosophen finden.

Da die damals geschlagenen Wunden nie wirklich verheilt waren, habe ich mich vor ein paar Wochen ein weiteres Mal bemüht, verlorenen Gebiete zurückzuerobern und alte Frustrationen in den Griff zu bekommen. Das Buch von Reinhard Hiltscher „Einführung in die Philosophie des deutschen Idealismus“ schien dafür ein geeigneter Wegkumpan. Ich machte mich also vorurteilsfrei an die Lektüre. Doch leider musste ich schon nach wenigen Seiten feststellen, dass zwar inzwischen fast vierzig Jahre seit meinem Philosophiestudium in Münster vergangen waren, aber auch ich trotz meiner fast sechzig Jahre kein bisschen weise geworden war. Kants Erkenntnislehre wird mir wohl auf ewig ein Rätsel bleiben. Und bei Fichtes Wissenschaftslehre war es eher noch schlimmer. Dann hab ich die Lektüre frustriert abgebrochen (den hinteren Teil von Hilschers Buch über Schelling und Hegel hab ich mir erspart). Meine Art zu denken ist mit den im Buch aufgezeigten Fragestellungen anscheinend nicht kompatibel. DDR3- versus DDR4-RAM-Riegel. Das Ernüchternde dabei ist nicht so sehr, dass ich Kants oder Fichtes Formulierungen nicht nachvollziehen kann. Auch wenn ich ein Buch über Medizin, Jura oder Informatik lese, ergeht es mir ähnlich. Das Hauptproblem ist für mich vielmehr, dass ich die Relevanz ihrer Fragestellungen nicht einsehe. Bei Kant zu 80% und bei Fichte zu 95% Prozent erscheinen mir die Ideen im Regelfall endlos wiederholte Phrasen und wild und wirr ins Kraut schießende Spekulationen.

Ein wahlloses Zitat aus den letzten von mir gelesenen Seiten des Buchs (der Tenor ist auch zuvor immer derselbe):

A Verstehe man das, was mit dem ,,Ich denkevorgestellt werde, als Invarianz der Funktion des Denkens [= Identität der transzendentalen Apperzeption], so werde im „Ich denkedie Invarianz aller Prinzipien des Denkens bezogen auf jene konkreten Gedanken und konkreten Subjekte gedacht, die von dieser Funktion begründet werden. Das „Ichstelle dann den Inbegriff einer funktionalen Prinzipienmannigfaltigkeit vor. Diesem funktionalen Ich könne aber dann keine Reflexionsaktivität unterstellt werden

Quod erat demonstrandum: Die Philosophie des deutschen Idealismus war wohl nix für meinen simplen Verstand. Oder Hiltscher schafft es nicht, sie verständlich zu machen. Oder beides.

Reinhard Hiltscher: Einführung in die Philosophie des deutschen Idealismus

 

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