Als Kind einer Autostadt habe ich mich schon immer etwas mehr für Autos und die Geschichte der deutschen Autofabriken interessiert, die als wichtige Säulen der deutschen Wirtschaft natürlich auch unabhängig von solchen biographischen Vorgaben aus vielen anderen Gründen Objekte der Erkenntnisbegierde werden können. Rüdiger Jungbluths 2002 das erste Mal veröffentlichte Buch über Deutschlands reichste Familie hat nicht den hohen wissenschaftlichen Anspruch der dicken, schwer auf einen Schwupp lesbaren Schwarte Joachim Scholtysecks zehn Jahre später, sondern wirft dem Leser populärwissenschaftliches, journalistisches Lesefutter auf das Nachtkästchen. Trotz dieser Grenzen bleibt es ein flüssig zu lesendes, sauber recherchiertes und gut informierendes Buch. Es erzählt die Geschichte des Quandt-Imperiums von seinen Anfängen in der wilhelminischen Gründerzeit und hat seinen ersten Schwerpunkt in Günther Quandt, der zur gleichen Zeit raffgieriger Unternehmer, genialer Einkäufer, politischer Opportunist und risikofreudiger Börsenspekulant war und damit die Grundlagen des maßlosen Reichtums der Familie schuf. Dabei werden auch die dunklen Kapitel der langen Firmengeschichte während der Zeit des Nationalsozialismus mit dem Masseneinsatz von Zwangsarbeitern kritisch ausgeleuchtet. Gerade in den letzten Kriegsmonaten häuften sich Verbrechen an Verbrechen im KZ-Lager Hannover-Stöcken, das sich auf dem Firmengelände der AFA-Akkumulatoren- Fabrik befand. In Spitzenzeiten hausten und arbeiteten dort 1500 Zwangsarbeiter, die systematisch unterernährt waren, unter Bleikoliken litten und zum Sterben ins Hauptlager Neuengamme bei Hamburg abtransportiert wurden. Der schwer sehbehinderte Herbert Quandt war (mehr noch als sein Bruder Harald) der nächste Groß-Patriarch in der Dynastie der Quandts und steht heute vor allem für die Rettung BMWs vor der drohenden Pleite und dem Beinahe-Aufkauf durch Mercedes Ende der fünfziger Jahre. Schon in den dreißiger Jahren war Günther Quandt Großaktionär in der noch jungen und anfangs erfolglosen Autofirma geworden, in den sechziger Jahren nach der dramatischen Fast-Übernahme durch den großen Bruder aus Stuttgart wurde Harald Quandt Mehrheitseigner und Hauptbesitzer der bayerischen Autofirma. Nach seinem tragischen Flugzeugabsturz hatten die Quandt-Erben (vor allem Stefan Quandt und seine Schwester Susanne Klatten) einen derart riesigen Reichtum aufgehäuft, dass eigene unternehmerische Leistungen in den Hintergrund traten und richtige Investitionen des Kapitals (sprich Zocken an der Börse) immer wichtiger wurden.