Für meinen Lesegeschmack ist die Geschichte um den Berliner Kohlenausträger Kasimir Beck inhaltlich und stilistisch allzu hausbacken. Mir fällt es schwer zu glauben, dass die Geschehnisse in einem aktuellen Neukölln angesiedelt sein sollen, wie viele Texthinweise anzudeuten scheinen. Eher schon erscheint es plausibel, dass es sich bei Kasimir Beck um einen späten Klon von Franz Biberkopf handelt oder zumindest um einen neuen Paul Panzer aus Keine Macht Für Niemand der Band Ton Steine Scherben. Sowohl Alfred Döblin als auch Rio Reiser werden in der Erzählung wortwörtlich erwähnt. Die Freundschaft zwischen dem sympathischen Proleten Kasimir Beck mit seinen hilflosen Künstlerambitionen und dem vertrottelten arbeitslosen Intellektuellen Michael Bender würde blendend in den Zeitgeist des Roten Jahrzehnts zwischen 1967 und 1977 passen, als von der Revolution und der Annäherung zwischen Arbeitern und Intellektuellen geschwärmt wurde. Dass heute noch, nach so langer Zeit, solche Konstellationen angedacht werden, wirkt eingermaßen nostalgieblind. Da ist die zeitlose Liebesgeschichte zwischen Kasimir Beck und der Kneipenbesitzerin Inge Namenlos schon überzeugender. Wenn man einen Blick auf die Biografie des Autors wirft, hat Herr Priewe wahrscheinlich viel mit Senioren zu tun, die vom Krieg erzählen und den Blick verzerren. Das zum Inhalt. Der Schreibstil der Erzählung ist sehr traditionell und linear, was die Lektüre erleichtert, aber narrativen Strukturen verhaftet bleibt, die in solcher Naivität unvermeidlich bitter die nötige stilistische Originalität und Frische vermissen lassen.
Wolfgang Priewe: Burn Berlin Burn: Erzählung aus dem Leben eines Kohlenträgers
Herr Priewe ist ein Wichtigtuer. Ich kenne ihn persönlich.